Einwendungen / Stellungnahmen zum Projekt
Die Bürgerinitiative proWald setzt sich für eine möglichst umweltschonende Umsetzung ein, u.a. für
- für die Minimierung des Waldverlustes durch die Trasse
- für den weitgehenden Erhalt von Streuobstwiesen
- für den Schutz unseres Trinkwassers
Für den Bau der unterirdischen Kabeltrasse würden über 20 ha Wald zwischen Lenzhahn und Oberjosbach (über den Nickel) abgeholzt und um Oberjosbach herum schützenswerte Streuobstwiesen sowie landwirtschaftlich genutzte Flächen zerstört oder gefährdet. Bäume, Sträucher und tiefwurzelnde Pflanzen können auf einem 40 Meter breiten Schutzstreifen dauerhaft nicht mehr wachsen. Durch die betriebsbedingte Temperatur der Kabel erwärmt sich der Boden und beeinträchtigt das Pflanzenwachstum. Insbesondere während der Bauphase kommt auch dem Schutz unserer Trinkwassergewinnung besondere Bedeutung zu.
Wir haben im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Einwendungen gegen die geplante Trassenführung formuliert und fristgerecht zum 1. Oktober bei der Genehmigungsbehörde, der Bundesnetzagentur, eingereicht. Hier unsere Stellungnahme im Wortlaut:
Foto: Beispiel eines Verlegegrabens für 2 Vorhaben (Quelle: Amprion)
Stellungnahme im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens gem. § 19 NABEG zum „Rhein Main Link“ (01.10.2024)
Einwendungen, die wir als betroffene Bürger der BI ProWald Niedernhausen gegen die geplante Trassenführung des Rhein Main Links im Bereich der Gemeinde Niedernhausen vorbringen:
Waldschutz
Ausgangslage:
Der Wald spielt eine zentrale Rolle als CO₂-Speicher und trägt maßgeblich zur Regulierung von Temperatur und Wasserhaushalt in unserer Landschaft bei. Die geplante Trasse führt zu erheblichen Rodungen im Oberjosbacher Wald, nach eigenen Berechnungen wäre ein Waldverlust von über 20 Hektar zu erwarten.
Problem:
Jede neue Schneise, bei der das Kronendach des Waldes unterbrochen wird, erhöht die Windanfälligkeit und beeinträchtigt das empfindliche Mikroklima des Waldes. Temperaturunterschiede von bis zu 30°C zwischen der Schneise und dem geschützten Waldinneren führen dazu, dass der Vegetation wertvolles Wasser entzogen wird, wodurch die Bäume zusätzlichem Stress ausgesetzt sind. Darüber hinaus verursachen Erdkabel eine zusätzliche Erwärmung des Bodens, was die kühlende Wirkung des Waldes als Biotop schwächt und seine Fähigkeit zur Regulierung des Mikroklimas beeinträchtigt. Die Rodung reduziert die Fähigkeit des Waldes, CO₂ zu speichern, und führt durch die Verdichtung des Bodens und den Temperaturanstieg zu einer weiteren Belastung des örtlichen Klimas. Zusätzlich stellt sich die Frage, wie eine Trasse, die durch steiles und bewaldetes Gelände verläuft, langfristig frei von Gehölzen, Bäumen und tiefer wurzelnden Pflanzen gehalten werden soll – und wer diese Verantwortung künftig tragen wird.
Forderung/Lösungsvorschlag:
Um den Waldverlust zu minimieren, sollte der Verlauf der Trasse angepasst oder alternative Bauweisen in Betracht gezogen werden. Es ist ratsam, bestehende Wege oder bereits durch Kalamitäten betroffene Flächen zu nutzen, anstatt neue Schneisen in den Wald zu schlagen. Unvermeidbare Waldverluste müssen durch geeignete Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden. Diese sollten in der unmittelbaren Umgebung erfolgen, etwa durch die Aufforstung von Kalamitätsflächen, um das empfindliche Mikroklima zu schützen.
Streuobstwiesen
Ausgangslage:
In Oberjosbach (Niedernhausen) befinden sich zahlreiche kulturlandschaftlich bedeutsame Streuobstwiesen, die seit 2022 durch § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) unter Schutz stehen und Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind. Diese Streuobstwiesen, vor allem die Apfelbäume, prägen das Landschaftsbild des Taunus und bieten Lebensraum für über 5.000 Tier- und Pflanzenarten. Zu diesen zählen bedrohte Vogelarten wie der Steinkauz und der Rote Milan. Zudem würden viele der Bäume, die einst als Ausgleichsmaßnahme beim Bau der ICE-Trasse gepflanzt wurden, der geplanten 75 Meter breiten Bautrasse zum Opfer fallen.
Problem:
Der geplante Trassenkorridor würde die wertvollen Streuobstwiesen rund um Oberjosbach erheblich gefährden. Große Teile dieser Flächen müssten der Bautrasse weichen, was einen Verstoß gegen das Hessische Naturschutzgesetz darstellen würde, das das Entfernen von Streuobstbäumen verbietet. Besonders besorgniserregend ist der Verlust von Lebensraum für bedrohte Arten wie den Steinkauz, den Roten Milan und die Wildkatze. Auf einem 40 Meter breiten Schutzstreifen entlang der Trasse dürften dauerhaft keine Bäume mehr gepflanzt werden, was langfristige negative Folgen für die Biodiversität hätte. Auch neu gepflanzte Bäume auf den wieder nutzbaren Baustreifen würden erst nach zehn Jahren Früchte tragen, was für die betroffenen Landwirte jahrelange Ernteausfälle bedeutet. Eine mögliche Alternative wäre die unterirdische Verlegung der Trasse, doch die Auswirkungen auf Bodenfeuchtigkeit und das Wachstum der Pflanzen sind derzeit noch unklar.
Forderung/Lösungsvorschlag:
Der Verlauf der Trasse sollte so angepasst werden, dass die Streuobstwiesen unangetastet bleiben. Alternativen oder Anpassungen der Trassenführung müssen geprüft werden, um das kulturelle Erbe und die natürliche Umgebung zu schützen. Fachgutachten sollten die ökologischen Auswirkungen der geplanten Bauweise bewerten und sicherstellen, dass die Streuobstwiesen und ihre Artenvielfalt langfristig bewahrt bleiben.
Trinkwasserschutz
Ausgangslage:
Niedernhausen bezieht sein Trinkwasser vollständig aus eigenen Brunnen. Die geplante Trasse verläuft größtenteils durch die Trinkwasserschutzzone III, aus der das Grundwasser zu den Tiefbrunnen der Gemeinde fließt. Teilweise grenzt der Trassenkorridor sogar direkt an die besonders empfindliche Schutzzone II, die äußerst anfällig für Verunreinigungen ist.
Problem:
Baumaßnahmen in der Trinkwasserschutzzone III und in unmittelbarer Nähe zur Schutzzone II stellen eine erhebliche Gefahr für die Trinkwasserversorgung dar. Chemische Verunreinigungen, etwa durch Unfälle mit Treibstoffen oder Hydraulikflüssigkeiten während der Bau- oder Erkundungsarbeiten, könnten das Grundwasser kontaminieren. Die Versorgungssicherheit durch die örtlichen Brunnen darf zu keinem Zeitpunkt gefährdet werden. Darüber hinaus kreuzt die Trasse den Haupt-Abwasserkanal von Oberjosbach, was bei einer Beschädigung schwerwiegende ökologische Folgen hätte, insbesondere wenn ungeklärtes Abwasser in den Josbach gelangt.
Forderung/Lösungsvorschlag:
Der Verlauf der Trasse muss so geändert werden, dass die sensible Schutzzone II weiträumig umgangen wird. Innerhalb der Schutzzone III sind besondere Schutzmaßnahmen erforderlich, darunter die Einrichtung unabhängiger Aufsichtsstellen, um eine Kontamination des Bodens während der Bauphase zu verhindern. Zudem muss sichergestellt werden, dass der Haupt-Abwasserkanal während der Arbeiten unversehrt bleibt.
Schutzgut Mensch
Ausgangslage:
Niedernhausen ist bereits erheblich durch verschiedene Infrastrukturprojekte belastet, darunter die Autobahn A3, zwei Bahnlinien, die ICE-Trasse, Flugverkehr sowie fünf bestehende Energietrassen. Zusätzlich wird in der Gemeinde die umstrittene Ultranet-Stromtrasse realisiert, und der Bau mehrerer Windkraftanlagen auf den Höhen rund um Niedernhausen ist beschlossen, was das Landschaftsbild nachteilig verändern wird.
Problem:
Die geplanten Maßnahmen, insbesondere der Verlauf des Rhein-Main-Links, führen zu einem weiteren Verlust von Erholungsflächen, Waldgebieten und Lebensräumen für Tiere. Zudem liegen die Abstände der Höchstspannungs-Gleichstrom-Trasse zu Wohngebäuden in Oberjosbach teilweise unter den aus gesundheitlichen Gründen empfohlenen 400 Metern. Dies steht im Widerspruch zu Regelungen, die zum Schutz der Bevölkerung vor möglichen Auswirkungen elektromagnetischer Felder festgelegt wurden.
Forderung/Lösungsvorschlag:
Der Vorhabenträger muss verpflichtet werden, eine detaillierte Übersicht über die zu erwartenden Schäden sowie die langfristigen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu erstellen. Diese Übersicht muss öffentlich zugänglich sein, um Transparenz und Beteiligung der betroffenen Bevölkerung zu gewährleisten. Darüber hinaus sollten alternative Trassenführungen oder zusätzliche Schutzmaßnahmen geprüft werden, um die Belastungen für Mensch und Natur so gering wie möglich zu halten.
Schutzgüter und Risikobewertung
Ausgangslage:
Die Konfliktkategorien aus den Voruntersuchungen basieren auf der Bewertung einzelner Schutzgüter, was häufig nur zu einer mittleren Risikoeinstufung führt. In bestimmten Bereichen sind jedoch mehrere Schutzgüter betroffen. Wenn deren Wechselwirkungen berücksichtigt werden, wäre eine höhere Risikobewertung sehr wahrscheinlich.
Problem:
Eine umfassende Analyse dieser Wechselwirkungen wurde bislang nicht flächendeckend durchgeführt. Insbesondere im Taunus wurden weite Gebiete nur mit einem mittleren Risiko eingestuft. Dabei handelt es sich beim Taunus um einen Naturpark gemäß §27 des Bundesnaturschutzgesetzes, der einem besonderen Schutz unterliegt, um die Landschaft, Biotope und Artenvielfalt zu erhalten. Obwohl die geplante Rhein-Main-Link-Trasse den Naturpark Taunus durchquert, wird dieser auf offiziellen Karten von Amprion nicht als solcher ausgewiesen. Dies könnte auf einen Darstellungsfehler oder unvollständige Geodaten zurückzuführen sein. Während angrenzende Naturparks als hoch schutzwürdig klassifiziert wurden, wird dem Taunus nur eine mittlere Schutzkategorie zugewiesen.
Forderung/Lösungsvorschlag:
Eine detaillierte Analyse der Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern ist besonders für sensible Gebiete wie den "Nickel" nördlich von Oberjosbach erforderlich. Nur so kann das tatsächliche Konfliktrisiko, das sich aus den Wechselwirkungen zwischen Wasserschutz, Wald und erosionsgefährdeten Böden ergibt, realistisch und vergleichbar bewertet werden.
Niedernhausen-Oberjosbach, 01.10.2024
Bürgerinitiative ProWald Niedernhausen
Beispiel einer Erdkabelverlegung (Quelle: Amprion)
Die Gemeinde Niedernhausen wurde bereits vor dem Start des Planungsverfahrens von Amprion über das Vorhaben "Rhein-Main-Link" informiert und hat dazu eine erste Stellungnahme abgegeben. Sie steht in Kontakt mit Amprion und hat mit betroffenen Nachbarkommunen eine Arbeitsgruppe gebildet. Auf Betreiben der BI proWald informierte sie am 4.9.2024 im Gemeinschaftszentrum Oberjosbach interessierte Bürgerinnen und Bürger über den aktuellen Stand des Vorhabens.
Der Gemeindevorstand hat im Rahmen des Beteiligungsverfahrens am 09.09.2024 "Hinweise der Gemeinde und der Gemeindewerke Niedernhausen zu den Antragsunterlagen" erstellt und veröffentlicht.
Alle Bürgerinnen und Bürger konnten im Rahmen des Beteiligungsverfahrens bis 01.10.2024 Stellungnahmen an die Bundenetzagentur abgegeben und ihre Bedenken gegen das geplante Vorhaben vorbringen. Die BI ProWald hatte dazu einen Mustertext sowohl bei der Trassenbegehung am 29.9.2024 als auch auf ihrer Homepage bereit gestellt.