Die Fichte - mehr als nur ein Weihnachtsbaum

Gespeichert von Gast (nicht überprüft) am Mo., 19.01.2015 - 19:47

Der Waldflächenanteil Deutschlands beträgt 31 %. Die Fichte ist hierbei die am häufigsten vorkommende Baumart mit 28 %. Es folgt die Kiefer mit 23 %, die Buche mit 15 %, die Eiche mit 10 %, die Birke mit 4 %. Zu Unrecht wird die Fichte häufig als minderwertiger Baum angesehen. Oft als Rechtfertigung für Kahlschläge zum Bau von industriellen Windparks in geschlossenen Waldgebieten. Solche gravierenden Eingriffe in ein komplexes Ökosystem beinhalten jedoch unkalkulierbare Risiken für Mensch und Umwelt. Fauna und Flora funktionieren nur in einem ungestörten Zusammenspiel. Ob Mikroorganismen und Tiere in der Erde, ob Pflanzen und Tiere auf der Erdoberfläche, ob das Grün der Bäume mit der Vogelvielfalt. Alle erfüllen eine Aufgabe und ergänzen sich in irgendeiner Form. In dieser von Abhängigkeiten geprägten “Lebensgemeinschaft” darf kein “Baustein” isoliert betrachtet, geschädigt oder entfernt werden. Das gesamte Gebäude könnte gefährdet werden und einstürzen. Welche Aufgaben hat die Fichte in diesem funktionierenden und komplexen System?

Wasserspeicher Wald

Die Klimaveränderung mit höheren Temperaturen wird künftig auch zu heftigeren Niederschlagsereignissen führen. Zur Verhinderung von Bodenerosion durch Abschwemmung ist das Vorhandensein einer hohen Wasserspeicher-Kapazität erforderlich. Ein Mischwald mit den Tiefwurzlern Buche und Tanne sowie dem Flachwurzler Fichte schafft dazu mit einer optimalen Durchwurzelung über Fläche und Tiefe ein maximales Hohlraum- und Speichervolumen. Bis zu 200 Liter Niederschlagwasser können so unter 1 m² Waldboden eines geschlossenen Waldbestandes gespeichert werden. Gleichzeitig entsteht damit das mineralische Filter, das unserm Lebensmittel Wasser vorgeschaltet ist und höchste Reinheit garantiert. Der Mensch ist abhängig von einer intakten Natur. Diese für die folgenden Generationen zu erhalten, ist für alle absolute Verpflichtung.

Pionierbaum Fichte

Die Fichte ist Pionierbaum und Wegbegleiter für eine zukünftige anspruchsvolle Waldgeneration, den Mischwald. Junge Buchen werden zunächst von den schneller wachsenden Fichten beschattet, und in regenarmen Zeiten durch gespeichertes Wasser vor Vertrocknung bewahrt, bevor allmählich Fichten den Buchen weichen.

Die Fichte - der immer grüne Baum

Die Fichte behält ihre Nadeln auch über den Winter. Sie sichert damit unzähligen Vogelarten und Wildtieren deren Lebensräume und Rückzugsgebiete, und ist ganzjähriger Futterspender. Damit leistet sie einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt des Artenreichtums. Nadelbäume speichern doppelt soviel Kohlendioxid (CO²) wie Laubbäume. Als Schadstoff-Filter dienen sie an 365 Tagen im Jahr, Laubbäume nur etwa die Hälfte dieser Zeit.

Der Wald als Wirtschaftfaktor

Laut Hessenforst bringt das Nadelholz das meiste Geld. Die Erlöse für Fichtenholz liegen bei 100 Euro je Festmeter, für Buchenholz nur bei etwa 70 Euro je Festmeter. Die Fichte liefert 90 % verwertbares Stammholz. Bei der Buche liegt der verwertbare Stammholzanteil nur bei 50 %. Erntereif ist die Fichte bereits nach 80 Jahren, die Buche erst nach 160 Jahren. In dieser Zeit kann die Fichte also zweimal geerntet werden. Laut Forstamt Wiesbaden Chausseehaus ist die Nachfrage nach Fichtenholz höher als das Angebot. Ziel ist der stabile Mischwald. Neben der Buche sollen deshalb zukünftig Fichten auch dort wachsen, wo alte Buchen gefällt werden.

Die Fichte in der Holzwirtschaft

Für die Holzwirtschaft ist die Fichte der bedeutendste Holzlieferant. Ihren Beinamen “Brotbaum des Waldes” verdankt sie dieser Tatsache. Nach dem Krieg wurde schnell viel Holz für den Wiederaufbau benötigt. Dies führte zur Pflanzung schnell wachsender Fichten-Monokulturen. Für die damalige Zeit ein Erfordernis. Fichtenholz ist vielseitig verwendbar. Es ist astarm, weitgehend harzfrei, gerade gewachsen, lässt sich gut bearbeiten, der Trocknungsschwund ist gering. Die geradschaftigen Stämme erweitern das Anwendungsgebiet erheblich: Z.B. für Dachstühle Leimbinder, Balken und Bretter, Spielzeug u.v.m. Durch ihre Vielseitigkeit ist die Fichte unverzichtbar, und in einem intakten “Ökosystem Wald” ein mindestens gleichwertiger Baum.

"Wer das Klima wirklich schützen will, hat Wald zu erhalten, statt ihn abzuroden, hat ökologische Systeme und Kreisläufe zu sichern, statt sie zu zerstören, hat Energie nur dort zu produzieren, wo sie tatsächlich effizient und zugleich landschaftsschonend gewonnen werden kann".

(Zitat von Enoch zu Guttenberg (Mitbegründer und ehemaliges Vorstandsmitglied des BUND Bundes für Natur- und Umweltschutz Deutschland. Mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse geehrt).